Titel
12
Wie steht es um das Exportverhalten des ostdeutschen
Maschinen- und Anlagenbaus?
„Seit der Jahrtausendwende haben sich die direkten Exporte der ost-
deutschen Unternehmen kontinuierlich erhöht. Berlin und Meck-
lenburg-Vorpommern stechen hierbei mit einer Exportquote von
mehr als 60 Prozent hervor. Dazu kommt, dass viele Hersteller indi-
rekt am Export beteiligt sind. Dennoch besteht kein Zweifel daran,
dass vor allem kleinere Betriebe ihre Auslandsaktivitäten ausbauen
müssen. Uns ist natürlich bewusst, dass eine eigenständige Erschlie-
ßung von internationalen Märkten für viele von ihnen mit Hürden
verbunden ist, sei es durch die Personalkapazität, eine vergleichs-
weise kleine Produktvielfalt oder fehlende Exporterfahrungen. Um
dennoch die Absatzchancen nutzen zu können, sollten kleinere
Unternehmen, die sich in ihren Angeboten ergänzen, Kooperationen
eingehen. Dies kann vom Informationsaustausch bis hin zur gemein-
samen Marktbearbeitung reichen.“
Gibt es Probleme mit Plagiaten aus dem asiatischen Raum?
„Ja, Produktpiraterie bedroht sehr stark die Innovationskraft und
Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche. Das hat auch unsere jüngs-
te Mitgliederumfrage aus dem Jahr 2012 sehr deutlich gezeigt. Mehr
als zwei Drittel der befragten Unternehmen sind von Produkt- oder
Markenpiraterie betroffen. Der geschätzte Schaden für den deut-
schen Maschinen- und Anlagenbau beträgt 7,9 Milliarden Euro jähr-
lich. Das bedeutet einen Anstieg um 24 Prozent gegenüber der
Umfrage von 2010! Der VDMA unterstützt hier seine Mitglieder sehr
vielfältig von der juristischen Beratung über die Arbeitsgemeinschaft
Produkt- und Know-how-Schutz bis hin zu Projekten wie der Kam-
pagne ‚Pro Original‘. Über die Büros in Berlin und Brüssel setzen wir
uns zudem dafür ein, dass die Bundesregierung und die Europäische
Union entschlossener gegen Produktpiraterie auftreten.“
Wie geht Ihre Branche mit dem nachlassenden
Fachkräftepotenzial um?
„Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich der Schulunterricht noch zu
stark auf die theoretische Wissensvermittlung konzentriert. An-
wendungsbereites und wirtschaftsorientiertes Wissen kommen zu
kurz. Immer mehr Absolventen der allgemeinbildenden Schulen sind
daher unzureichend vorbereitet, wenn sie sich als Auszubildende in
ein Unternehmen integrieren sollen. Ganztagsschulen sind hier ei-
ne Möglichkeit, um Schüler besser individuell zu fördern und auf das
Berufsleben vorzubereiten. Letztlich kommt es aber immer auf die
Unterrichtsqualität an. Auch orientiert sich die Bezahlung der
Lehrkräfte noch zu wenig an der Qualität der Leistungserbringung.
Dies fördert nicht gerade deren Motivation. Auch müssen wir alle,
die Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, noch intensiver versuchen,
die gut ausgebildeten jungen Menschen in der Region zu halten. Die
Unternehmen haben da schon viel geleistet, sind zum Beispiel
Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen eingegangen. Zum Teil
erhoffen wir uns jedoch mehr Verständnis für die Bedürfnisse der
Industrie. Vor allem bitten wir die Politik, die duale Ausbildung nicht
zu gefährden. Das beginnt bei der Förderung von praktisch begabten
Schülern an Haupt- und Realschulen und setzt sich fort in der tech-
nischen Ausstattung und Unterrichtsversorgung an Berufsschulen.“
Wie entwickelt sich das Niveau von Forschung und Entwicklung
und daraus resultierenden Innovationen in Ostdeutschland?
„Ostdeutsche Unternehmen arbeiten in wichtigen Nischen, sind hoch
kompetent, sehr innovativ und wichtige Technologiepartner. Sie sind
beispielsweise in der Lage, durch die Integration und Kombination
von Fertigungsverfahren Grenzen in Fertigungsprozessen zu über-
winden und damit die Flexibilität, Qualität und Produktivität zu ver-
bessern. Teilweise entwickeln sie sich so selbst zum Systemanbieter
mit Kooperationspartnern im In- und Ausland. Beispiele hierfür zeigt
das Werkzeugmaschinenkolloquium Berliner Runde am 7. und 8.
März 2013.“
Kürzlich wurde in Thüringen auf Initiative des dortigen
Wirtschaftsministeriums ein „Thüringer Zentrum für
Maschinenbau“ (ThZM) auf den Weg gebracht. Sehen Sie darin
einen Wachstumsschub für den Standort Ostdeutschland?
„Die Nähe zu Kunden und Lieferanten, Forschungs- und Ausbil-
dungseinrichtungen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor des deutschen
und ostdeutschen Maschinenbaus. Insofern ist das ThZM ein wesent-
licher Baustein bei der Umsetzung der Roadmap in Thüringen und
ein wichtiger Schritt, die Unternehmen vor Ort bei ihren Entwick-
lungen und fertigungstechnischen Aufgaben zu unterstützen. Es
muss aber gelingen, dieses Zentrum mit anderen exzellenten
Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen, Lieferanten und Kunden
unserer Region zu vernetzen, den Wissens- und Technologietransfer
zu organisieren sowie gemeinsame Projekte zu initiieren.“
Der Wissenstransfer steht in diesem Jahr auch wieder auf der
Zukunftskonferenz Maschinenbau am 24. April 2013 in Leipzig
weit oben. Worauf können sich die Teilnehmer freuen?
„Das Bundesinnenministerium hat auf Empfehlung des VDMA Ost die
Studie ‚Wie werden wir morgen produzieren? Zentrale Trends und
Antworten für den ostdeutschen Maschinenbau‘ ausgeschrieben. Die
Ergebnisse dieser Studie werden auf der Zukunftskonferenz vorge-
stellt sowie mit Vertretern aus der Industrie, Politik und Forschung
diskutiert. Außerdem haben Teilnehmer die Möglichkeit, sich in ver-
tiefenden Workshops mit den Schwerpunktthemen ‚Fachkräftesicher-
ung und Fachkräftequalifizierung‘ sowie ‚Internationalisierung‘ aus-
einanderzusetzen.“ (su)
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...44