Technische Keramik
29
Januar 2010. Schon in den letzten 20 Jahren seit der Gründung des
IKTS und des HITK haben wir nicht losgelöst voneinander gearbei-
tet. Das IKTS hat seine Stärken im Bereich der Konstruktionswerk-
stoffe und der Pastenwerkstoffe herausgebildet. Wir als HITK haben
in unserer Strategie Wert darauf gelegt, nicht in den unmittelbaren
Wettbewerb zu einem starken Fraunhoferinstitut zu gehen. Wir ha-
ben unsere Profilierung am Bedarf der Region ausgerichtet und uns
Felder gesucht, in denen die Dresdner weniger aktiv waren. So ha-
ben wir eigenständig in der Membrantechnologie entwickelt. Wir re-
den also nicht von einem Institut in Dresden mit einer Außenstelle
in Hermsdorf sondern wir haben das IKTS mit zwei Institutsteilen.“
Haben Sie auch internationale Auftraggeber?
„Natürlich. Schon früher haben wir als HITK und inocermic nicht nur
regional oder national gearbeitet, sondern hatten auch lange Zeit
Verträge mit US-amerikanischen Unternehmen und vor einigen
Jahren ein erfolgreiches Transferprojekt in China. Mit der Integration
in die Fraunhofergesellschaft ist unser Ansehen weiter gewachsen
und nun haben wir ganz andere Chancen in der Akquisition.“
Wie viele Mitarbeiter hat das Institut insgesamt und speziell
hier in Hermsdorf?
„Etwa zwei Drittel der Mitarbeiter sitzen in Dresden, das andere
Drittel hier in Hermsdorf. Insgesamt sind es 420 Mitarbeiter und da-
von 130 in Hermsdorf. Das wird sich aber ändern. Im Rahmen der
Integration wird die Zahl hier wohl auf 150 steigen. Derzeit könnten
wir das aber schon räumlich gar nicht bewältigen.“
Als Institut sind Sie gut mit der regionalen Wirtschaft verzahnt.
Wie kommt das zustande?
„Als HIKT haben wir den Strukturwandel mit der hiesigen Industrie
vollzogen. Durch den Restrukturierungsprozess der Wirtschaft bis
zum Jahr 2000 bis hin zum ersten Wachstumskern den wir hier hat-
ten, haben wir die regionalen Unternehmen der Glas- und
Keramikindustrie immer mit in unsere Arbeit einbezogen. Es ist im-
mer eine wichtige Aufgabe von uns gewesen, nicht nur zu entwi-
ckeln, sondern diese Entwicklungen dann auch zu realisieren. Nicht
nur als Kleinserien bei uns, sondern durch den Transfer in die
Industrie. Nach wie vor arbeiten wir für viele Unternehmen der
Region als Dienstleister mit unserem Analytik- und Prüfzentrum.“
Sie sind also mit Ihrer Forschungsarbeit in der kompletten
Wertschöpfungskette branchenübergreifend dabei?
„Das versuchen wir auf jeden Fall. Wir wollen für jeden Partner das
passende Angebot unterbreiten. Wenn man einen weiten Bogen in
der Wertschöpfungskette zieht, dann kann man sowohl dem Partner
der nur eine Granulatentwicklung haben möchte dienen, als auch
Lieferant oder Dienstleister für einen Kunden sein, der mit Keramik
gar nicht selbst produzierend zu tun hat aber auf neue Entwick-
lungen angewiesen ist. Über die wirklichen Highlights der Vergan-
genheit kann ich leider nicht reden, aber wir hatten einen Partner,
der eine Qualität suchte, die es in dieser Spezifikation nicht gibt.
Seine Produkte waren Bestandteil der neuesten Halbleitertechnik
und daran kann man sehen, wie weit sich die Wertschöpfung spannt.
Oft wird gar nicht erkannt, wo Keramik überall zum Einsatz kommt.
Es geht aber in so viele Bereiche wie die Energie- und Umwelttech-
nik, Energieeffizienz, Chemie, den Maschinenbau, die Medizintech-
nik, die Mikrosystemtechnik bis hin zu Automotive. Mit diesem Bran-
chenmix ist man nicht krisensicher, aber relativ breit aufgestellt.“
Gerade in Thüringen ist die Unternehmenslandschaft eher
mittelständisch geprägt. Sehen Sie den Mittelstand auf der Höhe
der Zeit, dass er Ihre Dienstleistungen in Anspruch nimmt?
„Auf der Höhe der Zeit sind die Mittelständler. Seit Abschluss des
Strukturwandels haben sie ihre Märkte gefunden und an ihren Allein-
stellungsmerkmalen gearbeitet. Dafür sind permanente Innova-
tionen notwendig, das haben sie verstanden und realisieren das
auch. Auf diesen strategischen Linien arbeiten wir zusammen. Das
Problem sehe ich nach wie vor in der kleinteiligen Wirtschaftsstruk-
tur. Insofern schaut man mit Erwartung und einer gewissen Sorge
auf die Frage, was der neue Förderzeitraum bringt und wie die
Regelungen sein werden. Der Innovationsschub der letzten Jahre war
möglich durch die Förderung dieser Innovationstätigkeit. Künftig
wird es für viele Unternehmen schwer, das allein zu finanzieren.“
Inwieweit kooperieren oder konkurrieren Sie mit den Kollegen
anderer Fraunhoferinstitute der Region?
„Natürlich gibt es Kooperationen innerhalb der Fraunhofergesell-
schaft. Es gibt Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und auch zur ge-
meinsamen Finanzierung von Projekten. Es bietet sich natürlich an,
dieses Arbeiten entlang der Wertschöpfungskette im industriellen
Vorlaufbereich, den die Fraunhofergruppe realisiert, zu leisten. Man
kann direkt mit der Industrie kooperieren, man kann aber auch be-
reits in den Vorlaufstufen Entwicklungen leisten, die auch intern fi-
nanziert werden können. Ich sehe da eher keinen Wettbewerbs-
aspekt. Wir haben von Anfang an Kooperationen mit den Bildungs-
und Wissenschaftseinrichtungen angestrebt. Da steht für uns natür-
lich Jena ganz vorn. Die Fachhochschule war sogar Gründungsmit-
glied des HITK. Mit der Universität haben wir gut zusammengear-
beitet und das hat sich nun vertieft. Auch sie muss Aktivitäten
bündeln um Leuchttürme zu schaffen und da ist die Verbindung von
Hochschulen, Industrie und Fraunhofer gewünscht.“ (su)
I
Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Bormke
1...,19,20,21,22,23,24,25,26,27,28 30,31,32,33,34,35,36,37,38,39,...44