Titel
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Fachkräftemangel, Energiekosten, internationale Märkte und Produktpiraterie – Themen, die für den ostdeut-
schen Maschinen- und Anlagenbau von hoher Relevanz sind. Trotz aller Probleme blicken die meisten Unter-
nehmen dennoch optimistisch ins neue Jahr. Reinhard Pätz, Geschäftsführer des Verbandes der Maschinen- und
Anlagenbauer VDMA Ost, erklärt im WIRTSCHAFTSSPIEGEL, wo Wachstumsmärkte liegen, aber auch, wo die
Unternehmen Probleme sehen.
Ressourceneffizienz ist ein
entscheidender Wettbewerbsfaktor
In den letzten Monaten des Geschäftsjahres 2012 konstatierten
Sie in der Konjunkturumfrage Ihres Verbandes solide und sta-
bile Erfolgsbilanzen. Darüber hinaus schauten Ihre Mitglieder
zu fast 70 Prozent optimistisch auf 2013. Hat sich dieses Bild in
den ersten Wochen des neuen Jahres bestätigt?
„Erfreulicherweise scheint sich diese Entwicklung fortzusetzen. Auch
wenn sich die Kunden in einigen Teilbranchen nach wie vor mit grö-
ßeren Investitionen zurückhalten, spüren wir in den Gesprächen mit
unseren Unternehmen doch größtenteils Zuversicht.“
Wie ist denn das Konjunkturbild in Ostdeutschland des vergan-
genen Jahres überhaupt einzuordnen? Welche Branchen-
bereiche waren Gewinner und welche Verlierer?
„Die Ergebnisse spiegeln in etwa die Auftrags- und Stimmungslage
der Gesamtbranche wider. Auch in unseren Regionen gibt es Unter-
schiede zwischen den einzelnen Fachzweigen. Während die Auf-
tragsbücher bei vielen Unternehmen des Werkzeugmaschinenbaus
gut gefüllt sind, zögerten Kunden beispielsweise mit der Order von
Druck- und Papiermaschinen oder Fluidtechnik.“
Gibt es Unterschiede in den einzelnen Bundesländern?
„Ja, die gibt es. Unternehmen, die als reine Dienstleister oder Zu-
lieferer agieren, machen sich stärker abhängig von Abnehmern und
können Konjunkturschwankungen nicht ganz so gut kompensieren.
Ganz aktuell haben beispielsweise die Zulieferer für die Solarin-
dustrie Probleme, welche zu einem beträchtlichen Teil ihren Sitz in
Mitteldeutschland haben.“
Wie stark hat sich der Einbruch in der Solarindustrie
auf Ihre Branche ausgewirkt?
„Die Marktflaute in der Solarindustrie ist an unseren Unternehmen,
vor allem den Ausrüstern, nicht spurlos vorübergegangen. Die Aus-
wirkungen sind vielfältig und reichen von drastisch zurückgegange-
nen Auftragseingängen bis hin zu kompletten Zahlungsausfällen der
Kunden. Das stärkt nicht gerade die Liquidität der Betriebe.“
Wo sehen Sie die Wachstumspotenziale und Thementrends
der kommenden Monate?
„Marktwachstumspotenziale konstatieren wir in den USA, Latein-
amerika und Südostasien. Löst sich der Nachfragestau in China, ist
auch hier wieder ein größeres Wachstum möglich. Europa wird sich
weiter positiv entwickeln, wenn der eingeschlagene Weg des Schul-
denabbaus, der Konsolidierung und gleichzeitigen Investitionen in
die Wirtschaft fortgesetzt wird. Zu den Thementrends gehören die
Bereiche Energieerzeugung, Energieversorgung sowie Energie- und
Ressourceneffizienz, aber auch die Sicherstellung der weltweiten
Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln (Verarbeitung und
Konservierung). Hinzu kommt die Gebäudetechnik mit intelligenten
Lösungen für urbanes Leben.“
Der hohe Kostendruck ist Ihrer Verbandsbefragung zufolge
eines der „Sorgenkinder“. Wie wird dem begegnet?
„Unsere Unternehmen sind seit mehreren Jahren einem stetig stei-
genden Kosten- und Preisdruck ausgesetzt. Ursachen hierfür sind
der enorm zunehmende Wettbewerb und höhere Preisforderungen
der Materialzulieferer. Gerade unter dem Aspekt Materialkosten ist
ressourceneffizientes Wirtschaften vom Materialeinsatz über die
Prozesse bis hin zum Endprodukt unumgänglich geworden. Res-
sourceneffizienz ist damit heute ein entscheidender Wettbewerbs-
faktor. Zudem haben sich die Kosten für Energie deutlich erhöht, in
Ostdeutschland noch stärker als in anderen Regionen. Hier ist klar
die Politik gefragt. Die Chancen auf ein Gelingen der Energiewende
werden entscheidend erhöht, wenn wir von der Klein-Klein-Politik
auf Länder- oder Kommunalebene wegkommen. Wir brauchen eine
bundesweit abgestimmte Gesamtstrategie für den Ausbau von er-
neuerbaren Energien, Speichern und Netzen sowie die Sicherung
der Versorgung durch fossile Netzwerke. Allerdings sollten wir ver-
meiden, alles staatlich regulieren zu wollen. Sicherlich ist es zweck-
mäßig, dass der Staat ein innovationsfreundliches Umfeld schafft
und damit das Fundament künftiger Markterfolge unterstützt. Aber
er sollte auf keinen Fall lenkend eingreifen. Gerade die Energie-
politik ist als Einfallstor für das verstärkte Eingreifen des Staates
ein Negativbeispiel, da ökonomische Aspekte häufig zu kurz kom-
men.“
Welche Rollen nehmen dabei neue Materialien ein?
„Durch steigende Materialpreise, gesetzliche Vorschriften und den
Trend zur Elektromobilität beziehungsweise Hybridisierung wird der
Einsatz neuer Werkstoffe in der Industrie immer wichtiger. Faserver-
bundwerkstoffe gelten als Zukunftsmaterial für vielfältige Einsatz-
möglichkeiten, zum Beispiel im Automobilbau, in der Bauindustrie,
in der Luftfahrt und im Windanlagenbau. Die Hochschul- und
Forschungslandschaft in Ostdeutschland weist hier ausgeprägte
Kompetenzen auf.“
Foto: VDMA Ost
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